Die neue WHO Traditional Medicine Strategy 2025-2034
Von Dr. med. Tido von Schoenangerer (MD, MPH)
Centre médical de la Chapelle, Geneva Switzerland
Multidisciplinary Center for Integrative Medicine (MCIM), Geneva University Hospitals, Switzerland
Charité Competence Center for Traditional and Integrative Medicine (CCCTIM), Charité – University Medicine Berlin, Germany
President, International Federation of Anthroposophic Medical Associations IVAA - www.ivaa.info
President, Traditional, Complementary and Integrative Healthcare (TCIH) Coalition - www.tcih.org
Tido von Schoenangerer hat zusammen mit zwei anderen Autoren 2023 im Auftrag der WHO den ersten Entwurf der Strategie geschrieben. Die GAÄD hatte dazu informiert und auch aufgerufen, eigene Anregungen schriftlich in den Prozess einzubringen.
Am 26. Mai 2025 hat die Weltgesundheitsversammlung, das jährliches Treffen aller Gesundheitsministerien in Genf, die neue WHO Traditional Medicine Strategy 2025-2034 verabschiedet. Die Strategie setzt den Rahmen für die Aktivitäten der Staaten und der WHO für die traditionelle, komplementäre und integrative Medizin (TCIM) für die nächsten 10 Jahre, auch wenn eine solche Strategie für Staaten nicht bindend ist.
Die vier verabschiedeten Ziele
- Forschung: Mehr Investition in Forschung und Forschungsmethodologie besser adaptieren an die komplexen Interventionen der TCIM.
- Die angemessene Regulierung der Medikamente und Praktiken. Dazu gehören jetzt erstmals alle Art von TCIM Medikamenten und nicht nur pflanzliche (für die AM hochrelevant).
- Die Integrierung in die Gesundheitssysteme.
- Der über das Gesundheitssystem hinausgehende Wert der TCIM – hier steht z.B. «The rich cultural heritage and diversity of TCIM’s healing traditions and principles promote a positive health vision that focuses on the whole person and reinforces the sources of health.»
Die neue Strategie ist wesentlich ambitionierter als die vorhergehende, beinhaltet jedoch auch Kompromisse damit sie von allen Staaten akzeptiert werden konnte. In den Vorverhandlungen beim WHO Exekutivkomitee im Februar 2025 hatten die EU-Staaten – trotz großer Befürwortung der Strategie aus Ländern Asiens, des Nahen Ostens, Afrikas und Lateinamerika – diese noch blockiert. In der Einleitung wurde jetzt noch einmal verstärkt auf die Evidenz-basierte Medizin hingewiesen. Insgesamt spiegelt die Strategie also das Maximum dessen wider, was derzeit global konsensfähig ist, und das ist deutlich mehr, als wir auf rein europäischer Ebene erreichen können!
Die WHO wird ihre Aktivitäten zur TCIM wohl hauptsächlich über das neue WHO Global Traditional Medicine Centre in Indien ausrichten. Indien finanziert dies mit $80 Millionen für die nächsten Jahre, China finanziert das TCIM Team der WHO in Genf.
Die Traditional, Complementary and Integrative Healthcare Coalition – ein Zusammenschluss verschiedener Organisationen inklusive der IVAA (Internationale Vereinigung anthroposophischer Ärztegesellschaften) hat die neue Strategie begrüßt, siehe hier.
Auch das erste Medienecho war positiv und zeigt gut die inhärenten Spannungen auf: WHO’s Big Push to Integrate Traditional Medicine into Global Healthcare Framework.